Delegation Poker: Ein Spiel, das Entscheidungen erleichtert
Von diffusem Nichts-tun zu klaren Verantwortungen
Wie oft hast Du schon in Meetings gesessen und gedacht: „Wer ist eigentlich für diese Entscheidung verantwortlich? Dürfen wir in dieser Runde die Entscheidung treffen?“ Delegation ist eine der größten Herausforderungen für Führungskräfte und Teams, besonders wenn es darum geht, den richtigen Grad an Verantwortung abzugeben. Delegation Poker kann hier Abhilfe schaffen. Aber wie genau funktioniert das und warum ist es so effektiv? In dieser Ausgabe werfen wir einen Blick auf die Methode, die Wissenschaft dahinter und wie Du Delegation Poker in Deinem Team anwenden kannst.
Die Methode erklärt: Was ist Delegation Poker?
Delegation Poker ist eine einfache, aber effektive spielerische Methode, die Teams und Führungskräfte dabei unterstützt, Klarheit über die Verteilung von Entscheidungsbefugnissen zu schaffen. Delegation Poker zielt darauf ab, Transparenz zu schaffen und die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse innerhalb des Teams zu verbessern.
Spielregeln und Ablauf
Delegation Poker ist ein (auch sehr gut virtuell spielbares) Kartenspiel und basiert auf sieben Delegationsstufen, die von „Ich entscheide“ bis „Das Team entscheidet“ reichen. “Ich” ist hierbei die Perspektive der Führungskraft:
Tell
„Ich entscheide und informiere“ – Ich treffe die Entscheidung und teile sie Dir/Euch danach mit.Sell
„Ich entscheide und überzeuge“ – Ich treffe die Entscheidung und erkläre Dir/Euch anschließend, warum sie richtig und sinnvoll ist.Consult
„Ich frage nach Rat und entscheide dann“ – Ich treffe die Entscheidung, aber vorher hole ich mir Deine/Eure Meinung ein und berücksichtige sie bei meiner Entscheidung.Agree
„Wir entscheiden gemeinsam“ – Wir diskutieren alle Aspekte und treffen anschließend eine gemeinsame Entscheidung.Advise
„Ich berate, Du entscheidest“ – Du triffst die Entscheidung. Ich stehe Dir/Euch beratend zur Seite und gebe meine Einschätzung dazu ab.Inquire
„Ich erkundige mich nach Deiner Entscheidung“ – Du triffst die Entscheidung. Danach frage ich nach, wie Du Dich entschieden hast und warum.Delegate
„Du entscheidest, ich halte mich raus“ – Du triffst die Entscheidung. Ich überlasse Dir/Euch die volle Verantwortung und möchte keine Details dazu wissen.
Der Ablauf ist simpel: Zu Beginn des Spiels wird eine bestimmte Entscheidung oder Aufgabe genannt. Alle Teammitglieder wählen verdeckt eine der sieben Delegationsstufen aus, die sie für die Situation für angemessen halten. Anschließend decken alle gleichzeitig ihre Karten auf. In der darauffolgenden Diskussion wird die Wahl begründet, Unterschiede werden besprochen und das Team einigt sich auf eine gemeinsame Delegationsstufe.
Das Spiel fördert den Austausch über Verantwortlichkeiten und hilft, Missverständnisse zu vermeiden. Es schafft ein gemeinsames Verständnis darüber, wer welche Entscheidungen treffen darf – und wer nicht. Zudem macht es transparent, wo ein unterschiedliches Verständnis bei Team und Führungskraften über die Entscheidungsverantwortung steht. In der Praxis ist das alleine schon häufig ein enormer Wert, den Delegation Poker herstellt.
The Science Behind the Story
Die Effektivität von Delegation Poker lässt sich mit mehreren psychologischen Prinzipien erklären, insbesondere durch die Förderung von Transparenz und Partizipation in Entscheidungsprozessen.
Wirksamkeitsprinzipien
Transparenz: Klare und offene Kommunikation über Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse fördert das Vertrauen innerhalb des Teams. Wenn alle wissen, wer wofür zuständig ist, können die Teammitglieder Reibungen und Konflikte vermeiden (Brower, Lester & Korsgaard, 2000).
Partizipation: Wenn Teammitglieder aktiv in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, fühlen sie sich wertgeschätzt und ernst genommen. Das steigert die Zufriedenheit und Leistung im Team, insbesondere wenn die Partizipation langfristig ist. Denn gerade darauf zahlt Delegation Poker ein (Cotton et al., 1988).
Reduktion von Mikromanagement: Führungskräfte und Teammitglieder können Mikromanagement und zu wenig Management entgegenwirken, indem sie Verantwortungen und Entscheidungsräume klar definieren (Irani-Williams et al., 2021)
Praktische Anwendung: So setzt Du Delegation Poker in Deinem Team um
Delegation Poker einzusetzen erfordert nicht viel Vorarbeit, aber einige Voraussetzungen sollten gegeben sein. Offenheit, Vertrauen und die Bereitschaft zur Diskussion sind essenziell, damit ihr die Methode sinnvoll nutzen könnt.
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Vorbereitung: Bereite Karten mit den sieben Delegationsstufen vor und stelle sicher, dass alle Teilnehmer*innen die Regeln und Ziele von Delegation Poker verstehen. Das kannst Du mit einem Delegation Poker Kartenspiel, einem normalen Kartenspiel oder einfach dem Ziffernblock Deiner Tastatur abbilden.
Entscheidung festlegen: Definiere klar, welche Entscheidung oder Aufgabe besprochen werden soll. Am besten sammelt ihr vorher Fälle in einer Tabelle, die ihr dann pokert.
Kartenwahl: Alle Teammitglieder wählen verdeckt eine Delegationsstufe, die sie für die aktuelle Situation passend finden.
Diskussion: Die Karten werden gleichzeitig aufgedeckt (oder in den Chat geschickt) und die Unterschiede besprochen. Was sind die Beweggründe für die verschiedenen Stufen? Welche Risiken und Vorteile sehen die Teammitglieder?
Einigung: Findet gemeinsam eine Lösung und haltet die Entscheidung schriftlich fest. Das kann im Gespräch erfolgen oder indem ihr nach einer Diskussion (Timebox nutzen!) noch einmal pokert.
Outro
Wir hoffen, dieses Briefing hat dir gefallen und du fandest es für dich und deine Organisation wertvoll. Wenn ja, würde uns sehr freuen, wenn du diesen Beitrag an ein bis zwei Personen weiterleitest, die ihn ebenfalls nützlich finden könnten!
Bis nächste Woche!
Quellen
Appelo, J. (2011). Management 3.0: Leading Agile Developers, Developing Agile Leaders. Addison-Wesley Professional.
Brower, H. H., Lester, S. W., & Korsgaard, M. A. (2000). A closer look at trust between managers and subordinates: Understanding the effects of both trusting and being trusted on subordinate outcomes. Journal of Management, 26(5), 643–669.
Cotton, J. L., Vollrath, D. A., Froggatt, K. L., Lengnick-Hall, M. L., & Jennings, K. R. (1988). Employee participation: Diverse forms and different outcomes. Academy of Management Review, 13(1), 8–22.
Irani-Williams, F., Tribble, L., Rutner, P. S., Campbell, C., McKnight, D. H., & Hardgrave, B. C. (2021). Just let me do my job! Exploring the impact of micromanagement on IT professionals. SIGMIS Database, 52(3), 77–95. https://doi.org/10.1145/3481629.3481635
Beste Grüße,
Moritz und Nico
Wirtschaftspsychologie-Briefing